Schon im alten Ägypten gehörten Flöte und Harfe zum festen Instrumentarium sowohl bei Festen als auch religiösen Handlungen, ihr ganz besonderer Klangreiz wurde nicht erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den französischen Impressionisten entdeckt! Im Mittelalter finden sich zahlreiche Bildzeugnisse, die nicht nur die Existenz sondern auch die Beliebtheit beider Instrumente dokumentieren: himmlische Engelsmusik verlangt geradezu nach ihnen. In der Musik des ausgehenden 18. Jahrhunderts wurde der gesanglichen Flöte, dem Modeinstrument empfindsamer Bürger und Adliger, die Harfe zur Seite gestellt. Weder Hammerflügel noch Cembalo konnten diesen spezifischen Klangreiz erzeugen, außerdem darf die dekorative Wirkung einer herrlich verzierten Harfe nicht unterschätzt werden! Im bürgerlichen Salon (neben Opernhaus, Konzertsaal und Kirche der wichtigste Ort musikalischer Darbietungen) waren nicht nur die berühmtesten Pianisten ihrer Zeit, z.B. Chopin oder Liszt zu Gast, sondern immer wieder auch Harfenisten, z.B. Elias Parish-Alvars (1808-1849) oder Félix Godefroid (1818-1897).
Mit der technischen Vervollkommnung beider Instrumente entstanden neue Spielmöglichkeiten. Hier sei auf die Mehrklappenflöte sowie die beiden Modelle Theobald Boehms von 1832 und 1847 hingewiesen – Letzteres hat bis heute nur geringe Modifikationen erfahren, und vor allem auf die Doppelpedalharfe von Sébastien Erard, welche 1810 nach jahrelanger Arbeit das Patent mit der Nummer 3332 trug und den heute gebräuchlichen Konzertharfen vom Prinzip her immer noch als Vorbild dient.
Schaut man in Kammermusikführer, die meist das „große“ Repertoire auflisten, so wird man erstaunt sein, wie selten die Harfe dort vertreten ist. Das hat sehr unterschiedliche Gründe – neben rein klangästhetischen ist sicher einer der wichtigsten, dass sich viele Komponisten nicht mit den Spielmöglichkeiten der Harfe auskannten. Es gibt kaum ein anderes Instrument, das man so genau kennen muss, um nichts Unmögliches zu verlangen und so waren es in erster Linie Harfenisten, die für ihren eigenen Konzertgebrauch komponierten. Namen wie Krumpholtz, Bochsa und Tournier stehen dafür – sie gehörten zu den großen Virtuosen ihrer Zeit.
Die bei http://www.guildmusic.com/catalog/gui7294z.htm vorliegende Zusammenstellung spannt einen weiten Bogen vom ausgehenden 18. Jahrhundert bis ins 20. Jahrhundert. Die „Soli“ des 18. Jahrhunderts sind mit einer bezifferten Bass-Stimme überliefert; dieser sogenannte Generalbass wurde nach einer Art musikalischer Kurzschrift vom Tasteninstrumentenspieler in der rechten Hand frei ausgestaltet, während die linke Hand die notierte Bass-Stimme spielte – häufig von einem anderen tiefen Instrument (Viola da Gamba, Violoncello oder Fagott) unterstützt. Einer der Mitspieler sollte also über die Möglichkeit akkordischen Spiels verfügen: Spinett, Cembalo, Orgel, Laute, Gitarre und Klavier waren die Favoriten, aber natürlich konnte man, wenn ein entsprechend versierter Harfenist zur Verfügung stand, auch diesen um die notwendigen Begleitakkorde bitten.
Text: Henner Eppel, 2005